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Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Typografie: Bild Im »Europahaus« in der Stresemannstr. 90-94 befindet sich der Berliner Dienstsitz des BMZ.

Das 1961 gegründete Ministerium ist zuständig für die grundsätzliche Konzeptionierung der Entwicklungszusammenarbeit und die Umsetzung konkreter Projekte. Dafür entsendet es Referent_innen in sog. Partnerländer und zu internationalen Organisationen, um dort die Arbeit zu koordinieren. Zu den Entsendeorten zählen die dt. Botschaften in allen Kontinenten, die Vereinten Nationen, die OECD, EU, Welternährungsorganisation, der Internationale Fond für landwirtschaftliche Entwicklung, die Weltbank u. a.. Für die konkrete Umsetzung der Vorhaben des BMZ beauftragt es diverse Durchführungsorganisationen, zu denen die KfW-Entwicklungsbank, Deutsche Investitions- u. Entwicklungsgesellschaft (DEG), die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) u. a. gehören.

Von der Forschung im Kriegseinsatz zur Einbindung in die Vernetzte Sicherheit

Das BMZ gab in den Jahren 2007 und 2009 dem Sonderforschungsbereich 700 der FU Berlin eine Studie mit dem Titel »Auf der Suche nach Sicherheit — die Internationale Intervention in Nordost-Afghanistan« in Auftrag. Ziel war eine »Wirkungsanalyse« um zu evaluieren, wie weit es denn mit der Akzeptanz deutscher »Hilfe« im Kriegseinsatz in Afghanistan bestellt sei. Der SFB 700 forscht darüber hinaus zu weiteren sicherheitsrelevanten Themen.

An der Brandwand des hiesigen Gebäudes warb das BMZ unter dem Motto »engagement« und verwies direkt auf die GIZ, deren Berliner Sitz ca. 1km von hier am Reichpietschufer 20 zu finden ist.

Ihr wollen wir an diesem Ort unsere spezielle Aufmerksamkeit widmen. Die GIZ ist in rasantem Tempo zum zentralisierten Vollzugsorgan geworden: als GmbH organisiert entstand sie zum 1. Januar 2011 aus der Zwangsfusion der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) und der Internationalen Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (Inwent). Damit sind die Bereiche Technische Umsetzung, Entsendung von »Entwicklungshelfer_innen« und die Weiterbildung von Fachkräften in einer Organisation vereint. Ca. 17000 Mitarbeiter_innen sind in 130 Ländern im Einsatz, der Umsatz im Jahr 2010 (alte Organisationen) betrug ca. 1,9 Mrd. Euro. Auftraggeber sind neben dem BMZ das Auswärtige Amt, Innen- und Verteidigungsministerium, Kommunen, die UN, EU und die Weltbank. Der Gesamtumsatz der ministeriellen Zuwendungen betrug 2010 insgesamt 179,9 Mio. Euro. Die Vision der GIZ ist laut Eigendarstellung, zum »...weltweit führenden Dienstleister in der internationalen Zusammenarbeit...« zu werden.

Auch in Afghanistan ist die GIZ sehr aktiv. Voraussetzung für eine reibungslose Einbindung in die laufende Kriegsbeteiligung gemäß dem Konzept der »Vernetzten Sicherheit« (»Comprehensive Approach«) der NATO ist eine am 7. Juni 2011 geschlossene Kooperationsvereinbarung: GIZ Vorstandsmitglied Christoph Beier und der Generalinspekteur der Bundeswehr Volker Wieker unterzeichneten die Vereinbarung, die die Zusammenarbeit »zwischen Bundeswehr und GIZ bei friedensgestaltenden und stabilisierenden Maßnahmen« regelt. Der Soldat wird zum »Partner in Uniform«. Aufträge erhielt die GIZ u. a. zum Aufbau, Ausstattung und Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte, aber auch zur Unterstützung der ministeriellen und Regierungsebene. Die GIZ war ebenso in Bosnien und im Kosovo am Aufbau der militärischen Infrastruktur beteiligt, zumeist beim Aufbau von Feldlagern.

Was bedeutet das Konzept der »Vernetzten Sicherheit« konkret in der Praxis?

Christian Schnurre, Leiter des GIZ-Verbindungsbüros zum Verteidigungsministerium äußert sich ausführlich und voll des Lobes im »Behörden-Spiegel«: »... So managt die GIZ für die Bundeswehr bereits seit rund zehn Jahren Baumaßnahmen und den Betrieb von Liegenschaften mit entwicklungspolitischen Wirkungen in Einsatzländern.« Bzgl. Afghanistan äußert er, dass die GIZ landeskundliche Schulungen für den Einsatz der Soldat_innen in Afghanistan durchführt, vorbereitende Trainings im Inland organisiert und durch gemeinsame Fachveranstaltungen die Zusammenarbeit zwischen Militär und zivilen Akteur_innen intensiviert. Die GIZ-Mitarbeiter_innen können in Bundeswehr-Maschinen ins Einsatzland mitfliegen, medizinisch und psychologisch von der BW mitversorgt werden, ihre Briefe mit der Feldpost und nötiges Material mit der BW transportieren lassen. Sie haben Zugang zu den Feldlagern vor Ort und können dort einkaufen. Darüber hinaus wird den GIZ-Leuten der Zugang zu Geoinformationen der BW ermöglicht. Damit ist die Einbindung in den blutigen Krieg der NATO-Verbündeten zur entwicklungspolitischen Realität geworden.

Eine besondere Rolle spielt die Kooperation mit der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Die GIZ beteiligt sich an vom BAKS ausgerichteten Seminaren, z. B. dem 6-monatigen »Seminar für Sicherheitspolitik« mit TeilnehmerInnen und ReferentInnen, in dem Führungskräfte verschiedener Ministerien, der Polizei und des Militärs, NGOs, der Wirtschaft und Institutionen verbündeter Staaten debattieren und dessen Ziel eine engere Vernetzung und Kontaktaufbau auf internationaler Ebene ist. Es ist davon auszugehen, dass die Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt (BKA) in Zukunft weiter ausgebaut wird. Für 2013 war die gemeinsame Veranstaltung »Global Player« (Berlin) projektiert, die sich an »weltweit aufgestellt deutsche Grpßunternehmen« richtet. Inhaltlich geht es dabei u. a. um die Frage, unter welchen Sicherheitsbedingungen es sich für Konzerne lohnt, in Krisenregionen zu investieren. öffentlich skandalisiert wurde 2009 die Errichtung eines High-Tech-Zauns rund um das Königreich Saudi-Arabien. Der an EADS vergebene Auftrag war an die Bedingung gebunden, das dortige Personal von dt. Bundespolizisten zu schulen. Als »Geldbrücke« zwischen den Beteiligten fungierte die GIZ. Das Auftragsvolumen für sie beträgt 25 Mio €.

All dies zeigt auf, dass die GIZ eine wichtige Rolle bei der Militarisierung der dt. Entwicklungshilfe spielt. In der Debatte um »Hilfen« für Mali, in der Entwicklungshilfe und militärische Intervention in einem Atemzug genannt werden, wird die Gefährlichkeit dieser Entwicklung deutlich. Es gibt jedoch auch Protest und Widerstand dagegen. Wiederholt ist »Vernetzte Sicherheit« bei VENRO, einer Sammelorganisation für kritische NGOs, Thema.

Anfang Dezember 2011 zu Beginn der Afghanistankonferenz in Bonn besuchte ein gutes Dutzend Aktivist_innen die GIZ-Zentrale in Bonn, um öffentlichkeit über deren (entwicklungs)politische Einbindung in aktuelle Kriege zu schaffen.