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Einleitung zum Stadtrundgang im April 2014

Einleitung zum Rundgang mit dem Schwerpunkt Drohnen und Drohnenindustrie

Auf dem heutigen Rundgang haben wir als Schwerpunktthema Drohnen und die Drohnenindustrie.

Drohnen sind ferngesteuerte, unbemannte Flugsysteme, die mit Sensoren, Kameras, Satelliten-Navigationssystemen, Infrarotgeräten und/oder Raketen und Bomben bestückt sind. Sie spielen als Überwachungsinstrument, als fliegende Lastenträger oder als tödliche Waffe aus der Luft eine rasant zunehmende Rolle bei Kriegshandlungen, sowie in zivilen Lebensbereichen. Die Drohnentechnologie und das Spektrum ihrer Anwendungsgebiete sind ein Beispiel für das Zusammenfließen militärischer und ziviler Bereiche. Es handelt sich um eine Technologie, die von zivilen Firmen und/oder Hochschulen sowie von klassischen Rüstungsfirmen bzw. militärischen Forschungsinstitutionen entwickelt und hergestellt wird und die sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich angewendet werden kann.

Als grenzpolizeiliches Mittel werden Drohnen als Überwachungsgeräte z.B. im Mittelmeerraum eingesetzt, um die illegalisierte Einreise nach Europa einzudämmen.

Als polizeiliches Mittel wurden Drohnen in Deutschland 2008 zur Überwachung sogenannter Großveranstaltungen eingeführt. Drohnen kamen dann z.B. 2010 zur Überwachung der Proteste gegen den Castortransport im Wendland/Niedersachsen oder 2012 zur Überwachung einer antifaschistischen Demonstration gegen einen Naziaufmarsch in Dresden zum Einsatz. Seit 2013 ist zunehmend auch der Tagespresse zu entnehmen, dass die Polizei Drohnen zur Aufklärung von Straftaten einsetzt bzw. diese zur Unfall-/Raumanalyse über die entsprechenden Gebiete fliegen und Aufnahmen machen lässt. Die Berliner Polizei setzt z.B. den Quadrocopter ein. In einem EU-Projekt (AEROCEPTOR) wird an einer Helikopterdrohne zum Einsatz gegen „nicht kooperierende Fahrzeuge“ geforscht.

In der Logistikbranche wird an dem Einsatz von Drohnen als kleine Lastenträger gearbeitet, Unternehmen wie Amazon oder DHL (DeutscheHeeresLogistik) warben Ende 2013 mit der Auslieferung kleinerer Pakete durch Drohnen.

Unternehmen wie die Deutsche Bahn bereiten eine Anwendung der Drohnen zur Überwachung ihrer Infrastruktur (z.B. gegen Sprayer) vor.

Im militärischen Bereich werden Drohnen vom israelischen Militär seit den 80ern, u.a. über dem Libanon und Gazastreifen eingesetzt. Das US-Militär erprobte den Einsatz von Drohnen u.a. während der Balkankriege in den 90ern, zunächst als Überwachungsgerät, um Informationen über Flüchtlingsströme und die serbische Luftverteidigung zu sammeln; 1999 setzte das US-Militär bereits bewaffnete Drohnen im Rahmen des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien ein.

Seit den 90ern ist es innerhalb weniger Jahre zu einer explosionsartigen Ausweitung der Herstellung sowie des Einsatzes von Drohnen gekommen. Die in der Drohnenindustrie tätigen Firmen machen inzwischen Milliardengeschäfte.

Im April 2014 sollen bereits 87 Staaten Drohnen besitzen. Über Kampfdrohnen verfügen bereits 20 Länder, das britische, israelische und US-amerikanische Militär haben sie bereits eingesetzt (März 2014).

Die Bundeswehr soll über 871 Drohnen verfügen (Juni 2013). Bis April 2014 hatte sie laut Kriegsministerium 11.952 Drohneneinsätze durchgeführt: im Kosovo, in Mazedonien, in Afghanistan und im Kongo. Bisher besitzt sie ausschließlich unbewaffnete Drohnen, doch der ehemalige Kriegsminister de Maiziere teilte bereits Anfang 2013 den Plan mit, die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen auszustatten. Allerdings hat die Bundeswehr bereits u.a. 2010 durch die Anforderung bewaffneter US-Drohnen töten lassen.

Beim US-Militär potenzierte sich der Drohnen-Einsatz seit Verkündung des Kriegs gegen den Terror im September 2001. In Afghanistan und im Irak sind die Drohnen vom Typ Predator und Reaper 7 Tage die Woche und 24 Stunden in der Luft im Einsatz. Auch nach dem offiziellen Abzug der Truppen kreisen die Drohnen weiter über den jeweiligen Ländern.

Der Drohnenkrieg wurde in den letzten Jahren von den USA außer in Afghanistan und im Irak auch im Jemen, in Somalia, in Pakistan und in Mali geführt. Unter dem Etikett des „Kriegs gegen den Terror“ wird in Regionen eingegriffen, gegen die die USA offiziell nicht Krieg führen. Der Drohnenkrieg ist Ausdruck einer imperialistischen Herrschaftspraxis, die sich mit der Rechtfertigung der antizipatorischen Selbstverteidigung bzw. Landesverteidigung und dem Label des Ausnahmezustandes heraus nimmt, weltweit Menschen als feindliche Kämpfer zu definieren und diese u.a. mittels des Einsatzes von Drohnen zu töten.

Bereits 2002 wurden im Jemen im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ drei Männer einer Autobesatzung durch einen Drohnenangriff getötet. Die Männer sollen Mitglieder von Al-Qaida gewesen sein. Sie wurden auf der Grundlage von u.a. geheimdienstlich ermittelten Informationen auf eine Liste gesetzt und per Knopfdruck hingerichtet, ohne ein Gerichtsverfahren, in einem Land, gegen das die USA offiziell keinen Krieg führt.

Drohnen sind nicht so zielgenau, wie militärpropagandistisch verkündet wird. Beim Einsatz von Drohnen wird die Ermordung weiterer Menschen in Kauf genommen. Zum einen werden Kampfdrohnen mit Hellfire-Raketen bewaffnet, deren Sprengwirkung einen Radius zwischen 15 und 20 Metern hat und deren Splitter noch weiter fliegen und zerstörend wirken können. Zum anderen sind die Informationszuträger für das sogenannte Targeting, für die Bestimmung der Zielpersonen (Geheim-)Polizei, Militärs und lokale Spione, deren Angaben bewusst oder unbewusst falsch sein können bzw. an ganz anderen Interessen und Konfliktlinien orientiert sein können. Am 7. August 2009 wurde ein Führer der Tehreek-e-Taliban in Pakistan mit einer Drohne getötet, aber dem waren 15 Drohnenangriffe vorausgegangen, bei denen die Zielperson mit anderen Personen verwechselt wurde, 321 Zivilisten sollen dadurch getötet worden sein.

Der von den USA grenzenlos geführte „Krieg gegen den Terror“ und die Praxis der außergerichtlichen Hinrichtungen werden insbesondere in Pakistan vom amerikanischen Militärkommando für Spezialoperationen (JSOC) und dem amerikanischen Geheimdienst CIA angewendet, d.h. von Apparaten bzw. Strukturen, die völlig im Geheimen und ohne Rechtfertigungsdruck agieren. Der CIA ist zudem keine militärische, sondern eine zivile Behörde.

Die Zahl der durch Drohnen Ermordeten variieren sehr stark. In Pakistan sollen zwischen Juni 2004 und September 2012, also innerhalb von 8 Jahren zwischen 2562 und 3.325 Menschen durch Drohnenangriffe getötet worden sein.

Ein Leben im Drohnenkrieg bzw. unter Drohnen bedeutet, in ständiger Angst zu sein, dass man selber, Freunde oder Verwandte auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, zum Einkaufen usw. von einem Drohnenangriff schwer verletzt oder getötet werden.

Im Jemen und in Pakistan gehen die Menschen zu Tausenden auf die Straße, um gegen die Drohnenangriffe zu protestieren.

Die Bundeswehr verfügt (noch) nicht über bewaffnete Drohnen, sie ist aber am Ausspähen und an der Datenlieferung beteiligt. Darüber hinaus ist die Bundesrepublik ein infrastruktureller Knotenpunkt für den weltweit geführten US-Drohnenkrieg. Die Kommandozentrale für die Einsätze insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent sitzt in Stuttgart. Von dort wird das Kommando für die wichtigsten in Afrika gelegenen US-Basen gegeben, von denen täglich eine Vielzahl von Drohnen starten und landen.

Ein weiterer Knotenpunkt ist die US-Air-Base in Ramstein, der größte US-Militärflugplatz außerhalb der USA, von wo u.a. die zerlegten Drohnen zu den Einsatzorten gebracht werden und wo sich auch die Satellitenanlage befindet, die die Kommunikation für den Drohnenkrieg gewährleistet und laut Medienrecherche und Aussage eines ehemaligen US-Piloten als entscheidende Daten-Drehscheibe für den Drohnenkrieg dient. Im Analysezentrum in Ramstein werden die von den Drohnen via Satellit gelieferten Live-Bilder ausgewertet und mit nachrichtendienstlichen Erkenntnissen abgeglichen und wird mit den in den USA am Joystick sitzenden Piloten kommuniziert.