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Neue Wache

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Neue Wache. Zentrale Gedenkstätte der BRD für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Typografie: Bild Als der preußische König Friedrich Wilhelm III. im gegenüberliegenden Palais seinen Stadtwohnsitz nahm, baute der Hofarchitekt Karl Friedrich Schinkel 1818 dieses repräsentative Wachlokal für die Garde des Königs. Genau 100 Jahre später, 1918, endete im Deutschen Reich die Monarchie.

1931 erfolgte dann die von sozialdemokratischer Seite aus betriebene Umwidmung der Neuen Wache in das »Ehrenmal für die Gefallenen des Weltkriegs«.

Zwei Jahre später benannten die Nationalsozialisten die Neue Wache zum »Reichsehrenmal« um. Hier wurde der »Heldentod« verherrlicht. An der Neue Wache fanden pompöse Wehrmachtsparaden und Aufmärsche der SA und der SS im Rahmen von Gefallenengedenken statt.

1951 entschloss der Ostberliner Magistrat, das Äußere der kriegszerstörten Neue Wache wieder aufzubauen. 1968/69 folgte dann anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der DDR die Eröffnung des neu gestalteten Innenraums. Die Neue Wache hieß nunmehr »Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus«. Der Opferbegriff wurde allerdings sehr weit gefasst. Neben der Asche eines unbekannten KZ-Häftlings begrub man auch eine Urne mit den sterblichen Überresten eines gefallenen, unbekannten deutschen Soldaten. Damit korrespondierend wurde ein Behälter mit Erde aus neun ehemaligen Konzentrationslagern beigeben sowie ein Behälter mit Erde von neun Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges. So wurde neben dem KZ-Häftling auch der vom »faschistischen Monopolkapital« verführte deutsche Landser in die Riege der Opfer des Nationalsozialismus eingereiht. Eine geschichtsrevisionistische Geschmacklosigkeit sondergleichen. Bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1990 standen hier tagsüber zwei Soldaten des Wachregiments Friedrich Engels als Ehrenwache stramm, und mittwochs und samstags marschierte noch extra eine NVA-Ehrenformation im preußischen Stechschritt hin und her.

Die vorläufig letzte Umwidmung ist vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl beschlossen worden. Er ließ u.a. eine »aufgeblasene« Replik der Kollwitz-Skulptur »Mutter mit totem Sohn" aufstellen. Diese Figur wird in der bildenden Kunst »Pietà« genannt und versinnbildlicht die Darstellung Marias mit dem Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Jesus. Die Inschrift auf dem Boden widmet das Ganze »Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft«. Jeglicher Bezug zum nationalsozialistischen Terror fehlt. Am Volkstrauertag 1993 wurde die nunmehr in »Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft« umbenannte Neue Wache eingeweiht. Der Umwidmung waren heftige Proteste und Kontroversen vorausgegangen. Kritisiert wurde die »Kohl-Gedenkstätte« zum Beispiel wegen der Verwendung eines christlichen Trauermotivs, welches zudem viele Menschen angesichts der Dimension der nationalsozialistischen Morde, Plünderungen und Brandschatzen unpassend fanden. Stark kritisiert wurde auch die undifferenzierte Ausdehnung des Opferbegriffs die die angeblich jahrzehntelang tabuisierten deutschen Opfer der Naziherrschaft sowie die Opfer des DDR-Regimes umfasste. Die Inschrift »Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft« beinhaltete die Stoßrichtung mit welcher reaktionär-konservative Kreise einer Normalisierung und Nationalisierung den Weg ebenen wollten. Zwar mussten auf vielfachen Druck hin noch nachträglich erläuternde Tafeln angebracht werden und die Einwilligung Kohls zur Errichtung des »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« ist vor dem Hintergrund dieser Debatte zu verstehen, jedoch waren diese nationalistischen Wir-sind-wieder-wer-Diskurse sehr wirksam. Bundeswehreinsätze im Ausland, das neue »Denkmal für die Gefallenen der Bundeswehr« auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock, ein Meer von Deutschlandfahnen bei der Fußballweltmeisterschaft, das »Zentrum gegen Vertreibung« sind die folgerichtigen Entwicklungen einer solchen Geschichtspolitik.

Tun wir also was dafür, dass bald eine weitere Umwidmung allen Kranzniederlegungen im Stechschritt ein Ende setzt und, dass die »Neue Wache« in ein Mahnmal gegen Militarismus und deutsch-völkisches Herrenmenschengebahren umgewandelt wird.